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Ein interessanter pelagisch lebender Trugdornwels aus Peru, Epapterus dispilurus Cope, 1878

 

Text und Bilder Kai Arendt

 Epapterus dispilurus - Männchen  Epapterus dispilurus - Weibchen

Die südamerikanischen Trugdornwelse der Familie Auchenipteridae sind ein sehr heterogener Verwandtschaftskreis. Aquaristisch waren sie bisher von eher untergeordneter Bedeutung. In letzter Zeit fanden sie allerdings durch den Import sehr schöner Arten aus den Gattungen Tatia Miranda-Ribeiro, 1991 und Centromochlus Kner, 1858 eine gewisse Beachtung. Einige dieser Arten wurden sogar schon von Spezialisten im Aquarium nachgezogen. Aber auch größere Räuber wie die Arten aus den Gattungen Trachelyichthys Mees, 1974 oder Tocantinsia Mees, 1984 und besonders kleine Arten wie jene der Gattung Entomocorus Eigenmann, 1917 sind in dieser Familie zu finden.

     Jetzt kam mit Epapterus dispilurus aus Peru ein besonders skurriler, mit etwa 12 cm Endlänge recht kleinbleibender Wels aus der Familie der Trugdornwelse zu uns. Importeur war Aquarium Glaser in Rodgau. Bei E. dispilurus handelt es sich um einen sehr schlanken und langgestreckten Auchenipteriden mit einem verhältnismäßig kleinen aber breiten und abgeflachten Kopf. Sie besitzen große, seitlich am Kopf hervorstehende Augen, die auf eine überwiegend nächtliche Lebensweise hindeuten. Die Schwanzflosse dieser stromlinienförmigen Fische ist tief gespalten und deutet auf die Fähigkeit schnell und ausdauernd zu schwimmen hin. Auch die Brust- und Bauchflossen sind großflächig, dreieckig geformt und flügelförmig ausgebildet. Besonders auffällig ist aber die extrem lange Afterflosse, die über die Hälfte der Körperlänge einnimmt. Die Rückenflosse dieser Trugdornwelse ist hingegen sehr klein. Besonders beeindruckend wirken die Männchen dieser geschlechtsdimorphen Art. Bei ihnen ist das äußerste ihrer Bartelpaare stark verknöchert  und vergrößert. Von den Mundwinkeln verlaufen diese Barteln unterhalb der Augen nach hinten um dann schräg s-förmig nach oben bis weit über den Körper abzuknicken. Diese starren Barteln der Männchen wirken so wie Hörner oder Geweihe. Ich schlage daher für diese bizarren Welse den deutschen Gebrauchsnamen „Hirschwels“ vor. Auch die starre Rückenflosse der Männchen ist vergrößert und im Vergleich zu jener der Weibchen in merkwürdiger Weise verändert. Die ersten bei den Männchen stark verdickten und miteinander verbundenen Strahlen der Anale sind von der übrigen Afterflosse getrennt so dass es wirkt als besäßen die männlichen Hirschwelse zwei Afterflossen. Diese geschlechtsspezifischen Modifikationen deuten auf eine hochspezialisierte Fortpflanzungsstrategie dieser merkwürdigen Auchenpteriden hin.

     Im Aquarium erwiesen sich die E. dispilurus als erstaunlich agile und robuste Freiwasserbewohner. Nur sehr selten ruhen diese Fische auf dem Grund. Sowohl am Tage als auch nachts sind sie mit eigenartig schlängelnden Bewegungen in den mittleren und oberen Wasserregionen unterwegs und suchen nach Beute. Dabei schwimmen sie meist mit dem Kopf nach oben und lassen den Schwanz nach unten hängen. Die Nahrung besteht in der Natur offensichtlich hauptsächlich aus tierischem Plankton. Trotz der großen Augen ist der Gesichtssinn dieser Welse scheinbar für den Beutefang von nur untergeordneter Bedeutung denn beim Schwimmen strecken sie ihre Barteln nach vorn kreisförmig aus und ertasten so ihre Beute im Freiwasser. Geraten die Barteln in Kontakt mit potentiellen Beutetieren schnappen die Hirschwelse blitzschnell und zielsicher noch ihnen. Nie konnte ich beobachten, dass eines der Tiere die Beute fixierte und gezielt anschwamm um sie zu verzehren. Gern gefressen werden bei mir besonders lebende, aber auch gefrorene und aufgetaute weiße Mückenlarven. Sie haben offensichtlich die ideale Größe für diese Welse. Aber auch Daphnien, Cyclops und Artemianauplien werden nicht verschmäht.

    Ihre rastlose und pelagische Lebensweise bedingt natürlich möglichst viel freien Schwimmraum mit ein wenig Strömung. Wie wir an der zweiten Art der Gattung, Epapterus blohmi Vari, Jewett, Taphorn & Gilbert, 1984 im Rio Orituco in den zentralen venezolanischen Llanos beobachten konnten halten sich diese Fische in der Natur offenbar gern an strömungsexponierten Stellen auf, wo ihnen das Plankton regelrecht ins Maul treibt. Da die Hirschwelse allzu starkes Licht nicht besonders mögen sollte das Aquarium zumindest in einigen Bereichen abgedunkelt werden. Untereinander als auch gegenüber anderen Mitbewohnern verhalten sich die E. dispilurus sehr friedlich und zurückhaltend. Sie sollten daher auf keinen Fall mit aggressiven oder schnellen tagaktiven Fischen vergesellschaftet werden. Ich halte meine E. dispilurus bei schwankenden Temperaturen um 25°C. Meinem Freund Ingo Seidel / Seefeld bei Berlin danke ich herzlich für die Hilfe bei der Identifizierung dieser Art und das Zusenden der Literatur.

 

Literatur:

Cope, E.D. (1878): Synopsis of the fishes of the Peruvian Amazon, obtained by Professor Orton during his expeditions of 1873 and 1877. –Proc.Am.Philos.Soc., 17(101): 673-701

Vari, R.P., S.L. Jewett, D.C. Taphorn & C.R. Gilbert (1984): A new catfish of the genus Epapterus (Siluriformes: Auchenipteridae) from the Orinoco River  basin. – Proc.Biol.Soc., Washington, 97(2): 462-472

Vari, R.P. & C.J. Ferraris jr. (1998): The neotropical catfish genus Epapterus Cope (Siluriformes: Auchenipteridae): a reappraisal. –Proc.Biol.Soc., Washington, 111(4): 992-1007

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