home    aquaristik   exoten   reisen   schule   sitemap   volltextsuche   gästebuch   kontakt   impressum

Skurrile, aquaristisch neue Welse aus dem Rio Apure, Venezuela

Text und Fotos Kai Arendt

Seit einiger Zeit werden wieder Zierfische aus Venezuela nach Europa exportiert. Besonders Roland Numrich vom Mimbon Aquarium in Köln hat sich in dieser Zeit durch seine Fangreisen nach Venezuela und darauf folgende Erstimporte interessanter Fische Verdienste erworben. Er war es auch, der im vorigen Jahr aus dem Apurebecken, das die Steppengebiete der zentralen und westlichen venezolanischen Llanos entwässert, die beiden hier vorgestellten aquaristisch und vielleicht auch wissenschaftlich neuen Welse nach Deutschland importierte. Ich bekam die Fische über Harald Soßna, Fa. Das Aquarium in Braunschweig. Der Fang beider Arten war nur durch den extrem niedrigen Wasserstand zum Ende der Trockenzeit, Anfang des Jahres 2001, möglich. Sie waren auch den venezolanischen Zierfischfängern vollkommen unbekannt und scheinen ausschließlich die tiefen Flußkanäle dieses Gebietes zu bewohnen wo sie ihr Leben wohl in der ewigen Dunkelheit des tiefen Weißwassers verbringen.

Pimelodidae sp. "Rio Apure"

    Die erste Art, die ich hier vorstellen möchte ist zweifellos ein Wels aus der Familie der Fadenwelse, Pimelodidae. Sie ist derzeit keiner bekannten Gattung sicher zuzuordnen. Daher  wird die Art hier als Pimelodidae sp. „Rio Apure“ vorgestellt. Die offensichtlich sehr kleinbleibende Art, meine Tiere wuchsen über etwa 7 cm Länge nicht hinaus, ist recht langgestreckt und stromlinienförmig gebaut. Die Grundfarbe dieser Bodenbewohner ist ein schmutziges Grau. Über den ganzen Körper sind unregelmäßig dunkle zum Teil verwaschen wirkende Tüpfel verteilt. Der Körper ist im Durchmesser drehrund, der Kopf ziemlich schmal aber doch abgeflacht. Das Maul ist unterständig, die Barteln sind kräftig und relativ kurz. Die große, tief gespaltene, auf einem kräftigen Schwanzstiel sitzende Caudale verrät den schnellen und kraftvollen Schwimmer. Brust- und Bauchflossen sind großflächig und werden im Normalfall waagerecht getragen. Diese Flossenstellung ist von vielen rheophilen, d.h. strömungsliebenden Fischen bekannt und dient dazu, den Körper in starker Strömung an den Boden zu pressen. Im Aquarium erwies sich diese Art als recht einfach zu halten. In einem Aquarium mit Sand und Geröllgrund fühlen sich diesen kleinen Welse unter der Voraussetzung sehr wohl, dass eine möglichst kräftige Strömung herrscht und das Aquarium zumindest in einigen Bereichen leicht abgedunkelt ist. Unter solchen Bedingungen ist eine Gruppe dieser Welse sehr interessant zu beobachten. Sie stehen dann nämlich auch am Tage, untereinander einen Individualabstand von etwa 15 cm haltend, gegen die Strömung ausgerichtet dicht über dem Bodengrund wobei die einzelnen Tiere ständige die Position wechseln. Aus diesem Grunde herrscht in der Gruppe eine ständige Dynamik, was auf den Betrachter sehr faszinierend wirkt. Dabei stöbern die Tiere mit tastend nach vorne gerichteten Barteln in den Ritzen zwischen den Kieseln nach Fressbarem. Gefressen wird alles was bewältigt werden kann wobei die Tiere erstaunlich flink sind. Ihr Geruchssinn scheint sehr gut entwickelt zu sein, denn selbst kleinste Futtergaben werden sofort bemerkt. Leider scheint die Art ziemlich anfällig gegen einzellige Ektoparasiten wie Oodinium oder Ichthophtirius zu sein. Daher ist stets auf gute Wasserqualität und eine konsequente Quarantäne zu achten.

Rhynodoras sp. "Rio Apure"

    Die zweite hier vorgestellte Art teilt in der Natur mit diesen Pimelodiden den Lebensraum. Sie zählt zu den in Venezuela Bagre Sierra, Sägenwelse, genannten Dornwelsen (Familie Doradidae) und ist wohl in die Gattung Rhynchodoras Klausewitz & Rössel, 1961 einzuordnen. Die Art ist wahrscheinlich wissenschaftlich unbeschrieben. Gewisse Ähnlichkeiten bestehen allerdings mit der aus Ecuador beschriebenen Art Rhynchodoras woodsi Glodek, 1976. Rhynchodoras sp. „Rio Apure“ bleibt mit etwa 10 cm Endlänge ebenfalls recht klein. Die Art hat einen recht spitzen Kopf mit unterständigem Maul und kurzen Barteln. Die Augen sind klein und weit oben an Kopf platziert. Besonders die Bauchflossen sind großflächig, die Schwanzflosse ist gespalten. Der ganze Körper wirkt insgesamt stromlinienförmig und ist an die in den tiefen Flußkanälen herrschende meist starke Strömung hervorragend angepasst. Die Körpergrundfarbe ist Lehmbraun. Auf den Körperseiten befinden sich fünf reite dunkle, aber verwaschene, in einzelne Flecken aufgelöste Querbinden von denen die erste über den Nacken, die zweite durch die gesamte Rückenflosse mit Ausnahme der Spitze bis zum Bauch verläuft. Die dritte Querbinde legt sich über die ziemlich große Fettflosse, die vierte über den Schwanzstiel und die fünfte befindet sich an der Caudalbasis. Da die Bereiche zwischen den Querbinden aber auch, wenn auch weniger stark, gefleckt sind, wirken diese Dornwelse auf den Betrachter eher gefleckt als gestreift. Auch diese Art scheint eine starke Strömung sehr zu lieben. Im Gegensatz zu den vorher vorgestellten Pimelodidae sp. „Rio Apure“ lebt die Art tagsüber sehr versteckt in Ritzen und Spalten. Höchstens zur Fütterung lassen sich die Rhynchodoras sp. einmal blicken, entwickeln dann aber eine erstaunliche Energie und erjagen stöbernd und unglaublich schnell ihre Beute um sich hernach in ihre Unterschlüpfe zurückzuziehen. Beide Arten waren rasch an handelsübliches Trockenfutter oder Futtertabletten zu gewöhnen. Man sollte diese seltenen Fische aber trotzdem möglichst abwechslungsreich zusätzlich mit allerlei Lebend- oder Gefrierfutter füttern.

Literatur:

Glodek, G.S. (1976): Rhynchodoras woodsi, a new catfish from eastern Ecuador (Siluriformes: Doradidae) with a redefinition of Rhynchodoras. –Copeia 1976(1): 43-46

Schultz, L.P. (1944): The catfishes of Venezuela, with descriptions of thirty-eight new forms. –Proc.U.S.Natl.Mus., 94(3172): 173-338

Nach oben

home    aquaristik   exoten   reisen   schule   sitemap   volltextsuche   gästebuch   kontakt   impressum