Barbus cumingi -roblematischer als ihr Ruf
Helmut Stallknecht
Es gibt Fischarten, die aquaristisch als gut bekannt gelten und damit für viele Liebhaber uninteressant geworden sind. Gleichzeitig wird solchen Arten unterstellt, leicht züchtbar zu sein, obgleich sich bei näherem Befragen von langjährig mit solchen Tieren befaßten Spezialisten herausstellt, daß kaum jemand die Fische tatsächlich besaß und gezüchtet hat. Und so steht in der x-ten Auflage der Standardwerke immer wieder der gleiche Text, ohne daß über Besonderheiten solcher Arten auch nur eine Bemerkung fällt - eben, weil sich kaum wer mit ihnen beschäftigt hat.
Eine solche Zurückhaltung gibt es ganz offensichtlich gegenüber einer eigentlich recht attraktiven Barbe von Sri Lanka, Barbus cumingi, die durch den Trivialnamen „Ceylon-Barbe“ als geradezu typisch für die Insel hingestellt wird. Wer allerdings Gelegenheit hatte, in Gewässern Sri Lankas zu fangen, würde wegen allgemeiner Häufigkeit nicht gerade B. cumingi nennen.
Wo ich auch 1994 den Kescher ins Wasser hielt, hatte ich B. bimaculatus und B. filamentosus in allen Größen im Netz, von B. cumingi dagegen fand ich nur einzelne Jungfische ganz zufällig. Das kann gewiß auch an den von mir aufgesuchten Gebieten gelegen haben, und möglicherweise ist die Art woanders häufiger. Aber da ich mich auf den Südwesten und da besonders auf den Einzugsbereich des Bentota konzentriert hatte und R. Pethiyagoda (1991) den Südwesten mit Fundortangaben geradezu gespickt hat (S. 101), war ich überrascht, so wenige Tiere dieser Art zu finden.
Von B. nigrofasciatus, der Purpurkopfbarbe, fand ich erheblich mehr Exemplare, obgleich weitaus weniger Fundorte angegeben sind (S. 109). Vor Jahren kursierte sogar das Gerücht, diese Art stünde unmittelbar vor dem Aussterben, und in Farmen sowie Aquarien lebten mehr Fische als in natürlichen Gewässern. Da ich auch mehrere Großhandlungen aufsuchte, um mir einen Überblick vom Anteil der einheimischen Arten am Export zu verschaffen, weiß ich auch, in welchen großen Mengen Purpurkopfbarben abgefischt und verschickt werden. Die Zucht wird nicht betrieben. Im Gegenteil, alle einheimischen Arten gelten sogar als schwer zu vermehren und werden in den bestehenden Farmen kaum gezüchtet. Außerdem weiß jeder, der einmal Purpurköpfe im Aquarium vermehrt hat, daß die zwar reichlich anfallenden Jungfische recht langsam wachsen, viel Futter benötigen und spät einfärben. Das sind für Zuchtbetriebe ungünstige Eigenschaften, denn andere Barben wachsen schneller, und es sind schon drei Bruten verkauft, ehe die lange unattraktiv bleibenden grauen Jungfische die Handelsreife erreichen. Die in den Fachgeschäften vorhandenen und aus Sri Lanka stammenden B. nigrofasciatus sind wahrscheinlich durchweg Wildfänge, ohne daß wohl die Gefahr besteht, daß die Bestände zurückgehen.
Doch zurück zu B. cumingi. Da ich stets - über mehrere Tage verteilt - nur jeweils einen Jungfisch im Netz hatte, setzte ich diese Einzeltiere wieder zurück und nahm keine mit. Das bedaure ich nachträglich, denn sechs oder sieben wären es gewesen, wenn auch aus recht verschiedenen Gewässern. So konnte ich auch nichts zur Verteilung der Farbformen ermitteln. Es gibt nämlich eine gelbflossige und eine rotflossige Form, die im Süden bzw. im Norden des Verbreitungsgebietes vorkommt. Welche Fische die von mir gefangenen Einzeltiere repräsentierten, muß offen bleiben, wahrscheinlich wären es gelbflossige gewesen.
Rotflossige B. cumingi entdeckte ich 1994 in einer Dessauer Fachhandlung schon vor meine Reise auf die Insel. Mit den zwei Paaren, die ich mitnahm, erlebte ich mehr Schwierigkeiten bei Zuchtversuchen, als ich mit vergleichbaren Barben kannte. Nun muß man nicht von Prachtbarben ausgehen, deren Nachzucht unproblematisch ist, aber schon mit den selten gewordenen Sonnenfleckbarben, B. ticto stoliczkae, gelingt nicht immer auf Anhieb die Vermehrung, während Odessa- oder Feuerbarben, B. ticto ssp. jederzeit laichen.
Da ich nicht mit Problemen rechnete, setzte ich die beiden Paare in ein Zuchtaquarium von 50 cm Länge. Reichlich Javamoos und eine schräg eingebrachte Lochfolie als Laichrost hielt ich für ausreichend. Mit abgezogenem Hälterungswasser und tags darauf einer Frischwassergabe konnte ich bisher alle Barben und Bärblinge stimulieren, doch bei den B. cumingi wirkte das nicht. Die beiden Männchen begannen sich wild zu attackieren. Das unterliegende fing ich heraus und glaubte, der Sieger würde nun auf Laichen „umschalten“, nachdem der Rivale verschwunden war. Aber eines der Weibchen gewann die Oberhand und trieb das nun total eingeschüchterte Männchen sowie das andere Weibchen so wild herum, daß ich den ersten Versuch am nächsten Tage abbrach. Nun saßen alle vier Fische in verschiedenen Aquarien. Als die verletzten Flossen nach einer Woche verheilt waren, machte ich Zuchtaquarien zurecht, setzte zunächst die Männchen und am Abend darauf die Weibchen hinzu, kurz bevor das Licht abgeschaltet wurde.
Am nächsten Morgen war ich kurz vor dem Einschalten des Lichtes im Keller und verfolgte das einsetzende Treiben der beiden Paare. Zunächst interessierten sich die beiden Männchen durch die Scheiben der nebeneinanderstehenden Aquarien mehr für einander als für die zugeteilten Weibchen. Als ich eine Pappe dazwischenschob, tat sich in beiden Aquarien nichts mehr, denn die Tiere nahmen keine Notiz voneinander. Am Nachmittag zog ich wiederum die Hälfte des Wassers ab, gab kühleres Frischwasser hinzu und hoffte auf den nächsten Morgen. Aber auch diesen Versuch mußte ich abbrechen, weil die beiden Weibchen die unterlegenen Männchen geradezu brutal herumhetzten.