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Bis Anfang der neunziger Jahre war für die Flaggenbuntbarsche in der aquaristischen Literatur meist nur die Artbezeichnungen Cichlasoma festivum oder Mesonauta festivus zu finden. Man ging von einer monotypischen Gattung aus. Hierzu wurden dann Bilder gezeigt, die recht farblose Fische zeigten. Nach dem heutigen Kenntnisstand handelte es sich hierbei jedoch nicht um Mesonauta festivus, sondern um eine bislang wissenschaftlich unbeschriebene Art, die in verschiedenen Publikationen als M. sp. „Amazonas“ bezeichnet wird. Es handelt sich um einen der aquaristisch am längsten bekannten Cichliden, denn seine Ersteinfuhr erfolgte bereits 1909. Erst die Gattungsrevision von Kullander und Silfvergrip aus dem Jahre 1991 zeigte, daß es tatsächlich mehr als eine Mesonauta-Art gibt. Einige Synonymien wurden aufgehoben und zwei neue Arten beschrieben. Zur Zeit sind also fünf Arten sind wissenschaftlich beschrieben, zahlreiche weitere Formen sind bekannt. Ob alle diese Formen jedoch als neue Arten zu bezeichnen sind, wie es in der letzten Zeit immer mehr in Mode zu kommen scheint, erscheint fraglich. Bekannt ist, daß besonders die oft schon in einer Population recht variablen Buntbarsche zur Ausbildung lokaler Formen neigen. Jede dieser Formen gleich als neue Art zu bezeichnen wird dieser Tatsache kaum gerecht. Besser wäre es, die einzelnen Lokalvarianten mit den jeweiligen zufällig zuerst beschriebenen Formen in einer Gemeinsamkeit zu sehen. Hierbei müßte man sich freilich von dem Gedanken verabschieden, in der zuerst beschriebenen Lokalform einer Art die Ausgangsform zu sehen, aus der sich sämtliche anderen Standortvarianten entwickelten. So implizieren es nämlich die Regeln der binomen zoologischen Taxonomie. Bei den Buntbarschen müßte der Artbegriff weiter als bisher gefaßt werden um der großen Variationsbreite der meisten Arten Rechnung zu tragen. Statt Standortformen mit nur geringfügigen farblichen oder morphologischen Abweichungen von offensichtlich nahe verwandten Formen durch immer neue Artbeschreibungen abzugrenzen, sollten diese besser unter dem Dach der bereits beschriebenen Arten zusammengefasst werden, bis die Zusammenhänge der Abstammung der einzelnen Formen ausreichend geklärt sind. Dies ist jedoch nicht sonderlich prestigeträchtig. So sind hier die Sichtweisen der jeweiligen Wissenschaftler stark auseinandergehend und oft Anlaß kontroverser Diskussionen. Manchmal werden andererseits gravierende Unterschiede im Verhaltensrepertoire unterschiedlicher Formen oder Arten übersehen, weil sie den beschreibenden Ichthyologen, die anhand konservierter Exemplare arbeiten, einfach nicht bekannt sind. Hier kann die Aquaristik für die Wissenschaft entscheidende Hinweise liefern, wie dies in der Vergangenheit schon mehrfach geschehen ist. Solange jedoch grundlegende Zusammenhänge der Artentstehung südamerikanischer Buntbarsche ungeklärt sind, ist Zusammenfassen in jedem Falle besser als Splitten.
Unsere Flaggenbuntbarsche vom Rio San Bartolo zeigen ein auffälliges Zeichnungsmuster. Der sechste Querstreifen ist bei diesen Tieren in der unteren Körperhälfte in zwei auseinanderlaufende Äste geteilt. Nach Kullander und Silfvergrip werden diese Streifen bei Mesonauta von hinten nach vorn gezählt, wobei der erste als Fleck auf der oberen Schwanzwurzel ausgeprägt ist, der letzte vom Genick abwärts am hinteren Kiemendeckelrand verläuft. So kommt man bei Mesonauta auf acht Querstreifen. Die unterschiedlichen Streifenmuster sind in Kullander und Silfvergrips Gattungsrevision die entscheidenden Merkmale zur Abgrenzung der verschiedenen Arten. Hierbei muß allerdings gesagt werden, daß diese Streifen in vivo nicht immer deutlich zu sehen sind und stimmungsabhängig besonders bei älteren Tieren fast ganz verschwinden können. Auch gibt es Unterschiede in der Bestreifung unterschiedlicher Populationen, wie dies von Mesonauta insignis aus verschiedenen Herkunftsgebieten bekannt ist. Weiter besitzen die Flaggenbuntbarsche aus dem Rio San Bartolo eine auffällig kurze, schmale Schnauze, eine besonders steile Stirnlinie sowie eine hochrückige gedrungene Körpergestalt. Im Vergleich zu den geographisch benachbarten M. insignis ist ihr Maul viel kleiner und spitzer. Auch zeigen sie nicht die für jene typische Netzzeichnung im Rückenbereich. Die Afterflosse ist kurz und besitzt sieben bis acht Hartstrahlen. Alle diese Merkmale sprechen für Mesonauta egregius, so daß ich die Art hier vorläufig als Mesonauta cf. egregius „Rio San Bartolo“ bezeichne. M. egregius wurde 1991 von Kullander und Silfvergrip im Rahmen ihrer Gattungsrevision neu beschrieben. Typusfundort ist die Mündung des Rio Guarrojo in den Rio Vichada im Bereich der südlichen kolumbianischen Llanos. Auch in einigen Nebenflüssen des Rio Meta wurde die Art gefunden. Das bisher bekannte sehr kleine Verbreitungsgebiet des M. egregius - Formenkreises scheint offensichtlich doch erheblich größer zu sein als angenommen. Dies vermuteten bereits die Beschreiber. Bestandsaufnahmen der Ichthyofauna des kolumbianischen und venezolanischen Orinocoeinzugs fanden überwiegend vor dem Jahr 1991 statt, so daß in den Listen fast immer die Artbezeichnung „Cichlasoma“ festivum, M. festivus oder M. insignis gewählt wurde. Ob dies wirklich alles M. insignis waren erscheint heute mehr als fraglich. Im Guariquitoeinzug sind sowohl M. cf. egregius als auch M. insignis zu finden.
Aus dem Bereich des Rio Morichal Largo und dem Cano Manamo im nordwestlichen Orinocodelta wurde bereits vor einigen Jahren ein hochrückiger Flaggenbuntbarsch bekannt, der ebenfalls in die Nähe von M. egregius gehört. Die Form weist andererseits auch Zeichnungsmerkmale von M. acora auf, einer im Xingu und Tocantins – Einzug beheimateten Art. Der fünfte Querstreifen ist bei dieser Form ähnlich wie bei M. acora unterbrochen, die obere Hälfte ist unten mit dem sechsten Querstreifen, die untere Hälfte oben mit dem vierten Querstreifen verbunden. Auch ihr sechster Querstreifen ist im Bauchbereich in zwei Äste geteilt. In der Literatur wird diese Form als M. sp. „Orinoco“ bezeichnet. Der Habitus der Art ähnelt sehr stark dem der Tiere vom Rio San Bartolo. Alle diese M. egregius ähnlichen Formen sind linksseitig des Orinoco gefunden worden. So gesehen hätte der M. egregius – Formenkreis ein großes Verbreitungsgebiet in den Llanos Kolumbiens und Venezuelas. Trotz der bisher nur punktuell nachgewiesenen Verbreitung des Verwandtschaftskreises erscheint diese Hypothese plausibel. Schon Kullander und Silfvergrip grenzen im Rahmen der Artbeschreibung von M. egregius das Herkunftsgebiet der benachbarten Species M. insignis und M. egregius ab. Sie vermuten, daß M. insignis ist hauptsächlich vom Guyanaschild südlich und östlich (rechtsseitig) des Orinoco stammt, während M. egregius vorwiegend in den Savannengebieten ( Llanos ) nördlich und westlich (also linksseitig) dieses Flusses zu finden sei. Ausnahmen, wie das Vorhandensein dieser Art im Guariquitoeinzug nördlich des Orinoco sind dadurch erklärbar, daß in der Regenzeit weite Bereiche der Llanos überschwemmt sind und dadurch die unterschiedlichen Biotope miteinander in Verbindung treten. Auch können schwimmende Inseln mitsamt der in ihnen wohnenden Fische den Orinoco überwinden und den Grundstock neuer Populationen am gegenüberliegenden Ufer bilden. Trotzdem unterscheidet sich die Ichthyofauna nördlich und südlich in einigen Nuancen.. Südlich des Orinoco und in der Gegend um Puerto Ayacucho konnten wir an verschiedenen Fundorten nur M. insignis nachweisen.
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