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„Im Jahr 1791 beobachtete ein Däne namens DALDORFF in Tranqüebar, daß damals in dänischem Besitz war, einen Fisch, der während eines Regens eine Palme erkletterte und eine Höhe von etwa 5 Fuß (etwa 1,50 m, d. übers.) erreichte.

DALDORFF teilte seine Beobachtungen in den Verhandlungen der Linné‚-Gesellschaft zu London 1797 mit und beschrieb diesen Fisch als neue Art unter dem Namen Perca scandens oder Kletterbarsch. Er war der erste Europäer, der einen Bericht über den lebenden Fisch gab, doch war die Art schon unter dem Namen testudineus (nach dem harten Schuppenkleid mit Vergleich mit einem Schildkrötenpanzer) durch den deutschen Zoologen BLOCH 1795 beschrieben worden, und so hatte der treffende Name, den DALDORFF vorschlug, dem Prioritätsgesetz zu folgen.

Dennoch ist der Name „Kletterbarsch", der besonders im englischen Sprachbereich und in der englischen Literatur gebraucht wird, nicht zutreffend. Es handelt sich nicht um einen Barsch, und die Art ist auch nicht entfernt mit den echten Barschen verwandt, die auf Amerika, Europa und Nordasien beschränkt sind. Der zuerst gegebene Gattungsname hatte nomenklatorisch nicht lange Bestand, und im Jahre 1817 erhielt die Art durch Cuvier den neuen Gattungsnamen Anabas und wurde zum Typ der orientalischen Familie der Anabantidae, die so gut bekannte Arten wie den Paradiesfisch, den Kampffisch und den Riesengurami umfaßt.

Der stumpfe Kopf ist sehr hart, und die Kiemendeckel werden von rückwärtszeigenden Stacheln abgeschlossen. Der Körper ist in einen dicken zähen Schleim eingehüllt und mit harten, sich überlappenden Schuppen bedeckt, die in kleinen Stacheln enden. Rücken- und Afterflosse enthalten scharfe Stachelstrahlen. Die dicke Haut verzögert den Feuchtigkeitsverlust, wenn der Fisch sich außerhalb des Wassers aufhält, und die stachlige Bewehrung schreckt ab oder verhindert zumindest die Angriffe von Wasser- und Landschlangen, " Echsen, Vögeln oder Fischen. Die kleinen konischen Zähne sitzen in Bändern in jedem Kiefer und sind gut geeignet zum Zerkleinern von Insekten, Krebschen und Schnecken, die einen großen Teil seiner Nahrung ausmachen.

Die Kletterfische besitzen Kiemen, wie sie alle gewöhnlichen Fische haben, doch sind sie im Verlauf einer langen Entwicklung weniger bedeutsam geworden und scheinen heute nicht mehr zur Erhaltung des Lebens ausreichend zu sein. Das kann leicht gezeigt werden, indem man so einen Fisch in ein Aquarium setzt, unter dessen Oberfläche sich ein Drahtgitter befindet. Durch die ausgeschlossene Möglichkeit, atmosphärische Luft einzuatmen, leidet der Fisch und verendet bald. Die reduzierten Kiemen stellen nur einen kleinen Teil der gesamten respiratorischen Oberfläche dar; der größte Teil der Atmung ist an ein besonderes Gewebe gebunden, das eine Höhle über den Kiemen auskleidet und aus Serien von dünnen, konzentrisch angeordneten Knochenplatten besteht, die von einer gefäßreichen Schleimhaut bedeckt sind. Dadurch wird der Fisch zur Gewinnung atmosphärischen Sauerstoffs befähigt.

Einige Autoren sind offenbar zu falschen Einschätzungen über die Rolle dieses accessorischen Atmungsorgans gekommen. So nahm Dr. Francis DAY, der viele Jahre in Indien und Burma zubrachte und ein Monumentalwerk über die Fische dieser Länder veröffentlichte (1876 bis 1878: The fishes of India), an, daß das „... hohle Superbranchialorgan den Kletterfisch befähige, das Wasser für eine verhältnismäßig lange Zeit verlassen zu können, da er so seine Kiemen befeuchten könne, während er außerhalb seines heimatlichen Elements lebe." Oder: Das Organ ermögliche dem Fisch das Einatmen atmosphärischer Luft, wenn die Kiemen nicht eingesetzt werden können. Oder: Die Kiemen funktionieren nur, wenn der Fisch sich im Wasser aufhält; das Superbranchialorgan tritt nur in Tätigkeit, wenn der Fisch sich außerhalb des Wassers befindet.

In der Sprache der einheimischen Bevölkerung auf Ceylon und in Indien sowie in einigen malayischen Dialekten bedeutet der Name dieses Fisches „Baumkletterer", doch das Vermögen, Bäume zu erklettern, ist von den meisten führenden Ichthyologen Indiens bezweifelt oder völlig verneint worden. Es gibt keinen Grund warum Anabas Bäume erklettern sollte, und in meinen zurückliegenden Begegnungen mit dem Fisch in Indien, Burma, Ceylon, Siam, französisch-Indochina Malaya, auf den Philippinen und einigen der indo-australischen Inseln habe ich nie einen beim Erklettern eines Baumes oder auf einem Baum gefunden, höchstens unten am Stamm. Was ich jedoch über die Bewegungen dieses Fisches außerhalb des Wassers weiß, läßt nicht die mindesten Zweifel oder Einschränkungen an DALDORFFs Ansichten aufkommen. Eine Palme, mit ihrem rauhen Stamm und ihren Blattstielresten, die kurz über dem Boden beginnen, mag für einen Anabas nicht schwerer zu erklettern sein als die senkrechte Wand eines Weidenkorbes. Für einen Fisch, der Wochen und Monate mit einem Minimum an Wasser auskommen mußte, ist an einem Palmenstamm herabfließendes Regenwasser ein starker Reiz.

Die Kletterfähigkeit von Anabas kommt besonders zur Geltung, wenn die Fische ihren Aufenthaltsort in einem Teich, Sumpf oder Kanal verlassen und andere Gewässer aufsuchen, die vielleicht bessere Lebensbedingungen bieten. Bei diesem Wechsel muß der Fisch trockenes Land überqueren, und diese Eigenschaft ist der einheimischen Bevölkerung gut bekannt. In Siam begegnete ich nicht selten Anabas, gewöhnlich nachts, wie sie staubige Straßen überquerten oder über eine trockene Wiese oder ein Feld „wanderten". Es war leicht, das verlassene Gewässer zu entdecken, es war aber nicht immer möglich, das Gewässer vorauszubestimmen, in das sie einzuwandern vorhatten.

In einigen Fällen war die Wasserqualität des neuen Gewässers nicht besser als die dessen, das sie verlassen hatten. Die Ufer der austrocknenden Kanäle und Teiche, die die Fische zu erklettern hatten, sind oft hoch und steil, und es gehören Geschicklichkeit und Geduld dazu, sie zu überwinden. Doch um ein neues Gewässer zu erreichen, lassen die Fische wenig Vorsicht walten. Ich sah zufällig ein Tier, das ein steiles Ufer herunterrollte und im Wasser mit einem Spritzer verschwand.

Wie bei einem Fisch, der normalerweise im Wasser lebt und über das Land wandern kann, nicht anders zu erwarten ist, stellt Anabas keine hervorragenden Farben heraus. Der erwachsene Fisch ist von gleichmäßig dunkelbrauner Färbung, während Jungfische hellbraun sind und einige schwärzliche Querbinden tragen.

Die Wanderfähigkeit von Anabas scheint nur ausgeübt zu werden, wenn ein neues Gewässer aufgesucht wird. Es scheinen keine Beobachtungen vorzuliegen, die darauf deuten, daß der Fisch regulär außerhalb des Wassers Futter zu sich nimmt, obgleich es durchaus vorstellbar ist, daß Insekten und Würmer seinen Weg übers Land kreuzen.

Die Fortbewegung ermangelt der Grazie und der Leichtigkeit, die wir von Eidechsen oder einigen Gobiiden, wie z. B. dem Schlammspringer kennen. Die Gangart ist ruckartig aber verhältnismäßig schnell, so daß ein Fisch auf der Wanderung eine beträchtliche Entfernung in kurzer Zeit zurücklegen kann.

Ich besitze eine Notiz über tatsächlich durchgeführte Fortbewegungen außerhalb des Wassers durch einen Anabas, den ich auf der Siamesischen Halbinsel beobachtete. Dieser Fisch lebte in einem kleinen Tümpel in einem gesondert liegenden, kreisförmigen Garten, der dicht mit Blumen und Sträuchern bepflanzt war. Er wurde herausgefangen, als der Tümpel gesäubert werden sollte. Dann wurde er durch einen Angestellten weggetragen, um ihn in einem nahegelegenen Fluß auszusetzen. Da der Angestellte anderweitig abgerufen wurde, setzte er den Korb mit dem Fisch unmittelbar am Fluß ab. Inzwischen kletterte der Fisch heraus, und, anstatt in den nahen Fluß zu wandern, bewegte er sich zurück in Richtung auf den Tümpel. Seine unmittelbar folgenden Bewegungen sind zum Teil nur vermutet, doch wurde die letzte Hälfte der Wegstrecke beobachtet. Zuerst durchquerte er ein Grasgebiet, dann einen befestigten Fahrweg zwischen Häusern. Als er den Garten erreichte, setzte er jenseits den Weg fort, nach einer kurzen Drehung arbeitete er sich durch die Blumenbeete und ließ sich wieder in den Tümpel fallen. Die zurückgelegte Entfernung betrug etwa 100 m. Dazu benötigte er etwa 30 Minuten.

Diese Fischart besitzt außer der Fortbewegung auf dem trockenen Land und der Fähigkeit, atmosphärische Luft zu atmen, ein gut entwickeltes Sehvermögen unter den veränderten Bedingungen der Lichtbrechung an der Luft (was bei Fischen selten ist!) und scheint auch über einen Ortsinstinkt zu verfügen.

Anabas ist ein wertvoller Speisefisch in Indien, Burma, Siam, Malaya, China und auf den Inseln, die vor der Südostküste Asiens liegen. Seine Bedeutung für die menschliche Ernährung liegt in der Qualität des Fleisches, der Haltbarkeit unter allen möglichen Wasserbedingungen und seiner Robustheit, die den Handel mit dieser Art erleichterte.

Junge siamesische Angler stecken manchmal den Kopf eines gerade gefangenen Anabas zwischen ihre Zähne, um beide Hände für das Befreien und wieder Auswerfen der Leine freizuhaben, während Fischer ihre Beute oft dadurch töten, daß sie den Fisch in den Mund nehmen und das Rückgrat hinter dem Kopf durchbeißen. Diese Praktiken haben gelegentlich fürchterliche Folgen. Wenn der Fisch plötzlich zuckt, gerät er in den hinteren Teil der Mundhöhle und von dort in den Schlund, wo die Extraktion wegen der rückwärts gerichteten Stacheln am Kiemendeckel meist unmöglich ist. In Indien erlebte ich verschiedene Fälle von Erstickungstod, wenn Anabas in der Luftröhre von Fischern festsaß. Dr. GUDGER hat solche und andere Fälle veröffentlicht, wo Kinder und Erwachsene an im Schlund festsitzenden lebenden Fischen gestorben sind."

Literatur

ARNOLD, J. P. & E. AHL (1936): Fremdländische Süßwasserfische. Verlag G. Wenzel & Sohn, Braunschweig, S. 396

BADE, E. (1931): Das Süßwasser-Aquarium. Verlag Fritz Pfennigsdorf, Berlin, S. 669/674

HARTWIG, W. (1891): Neuheiten unserer Liebhaberei. Blätter für Aquarien- und Terrarienfreunde, 2., No. 19, S. 185-188

HOCH, R. (1948): Seltene Aquarienfische: Anabas testudineus. DATZ, 1., S. 6; 16-18

LINKE, H. (1990): Labyrinthfische - Farbe im Aquarium. Tetra-Verlag, Melle, S. 19-22

PAETZEL, T. (1989): Anabas testudineus - ein Fisch, der klettert? AT 36., S. 13-16

PETHIYAGODA, R. (1991): Freshwater fishes of Sri Lanka. Wildlife Heritage Trust of Sri Lanka, Colombo, S. 257-259

PINTER, H. (1984): Labyrinthfische. Verlag E. Ulmer, Stuttgart, S. 138-140

RICHTER, H.-J. (1979): Das Buch der Labyrinthfische. Neumann-Verlag, Leipzig/Radebeul, S. 129-130

SCHR™DER, O. (1910): Der Kletterfisch (Anabas scandens) und seine Zucht. Wochenschrift, 7., S. 205

SMITH, H. M. (1945): The fresh-water fishes of Siam, or Thailand. Smithsonian Inst., U. S. Nat. Mus., Bull. 188, S. 446-450

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