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Großwelse – Räuber vom Amazonas

Text und Bilder (soweit nicht anders gekennzeichnet)
 Kai Arendt

Zu den größten Raubfischen Amazoniens, des Orinoco und des Paraná zählen jene großen Welse, die in den tiefen Hauptkanälen dieser großen Ströme Südamerikas leben. Nachts kommen sie aus dem tiefen Wasser in der Mitte der Flüsse in die flacheren Uferregionen wo sie unter den dort schlafenden Fischen rauben. Piraíba, Dourada oder Piramutaba sind einige ihrer klangvollen Namen. Zahlreiche Geschichten der Caboclos, jener Siedler , die an den Ufern des Amazonas und seiner vielen Nebenflüssen wohnen und mit dem Fluß und dem Urwald aufs engste verwachsen sind, ranken sich um diese gewaltigen Fische. Einige dieser bizarren und faszinierenden Welse werden in der letzten Zeit häufiger nach Deutschland importiert. Viele Aquarianer verfügen heute über sehr große Aquarien und hegen den Wunsch einmal einen dieser Räuber im Aquarium zu pflegen. Hierbei gibt es vieles zu bedenken und manche dieser Tiere sind wirklich nur im „Kindergartenalter“ im Heimaquarium zu pflegen. Gar nicht selten wird der Liebhaber bei der Haltung überraschende und positive Erfahrungen mit diesen Tieren, über die man bis heute nur sehr wenig weiß machen. Oft machen diese hochsensiblen Tiere in der Haltung aber Probleme. Unangenehme Erfahrungen, die letztlich auf Kosten der Pfleglinge gehen! Ziel dieses Aufsatzes soll daher sein die Bedürfnisse südamerikanischer Großwelse und ihre Pflege im Aquarium ein wenig besser einschätzen zu können.

Dourada, Brachyplatystoma flavicans, einer der größten Räuber des Amazonas Sorumbimichthys planiceps wird fast 2 Meter lang

    Die jährlichen großen, an den großen Flüssen Brasiliens „Piracema“ genannten Wanderungen sind ein Fest für die dort ansässigen Fischer die in dieser Zeit reiche Beute machen. Die riesigen, zum überwiegenden Teil aus Salmlern bestehenden Fischschwärme die sich zu Beginn der Regenperiode zusammenfinden um zum Laichen zu wandern werden von zahlreichen räuberisch lebenden Arten begleitet die in dieser Zeit reichlich Beute machen können um so selber Laich und Milch ansetzen zu können. Neben verschiedenen großen Raubsalmlern, wie etwa jenen gewaltigen Säbelzahnsalmlern der Gattung Hydrolycus sind es vor allem die großen Welse, die den wandernden Fischen folgen. Die meisten dieser Großwelse gehören in die Familien der Fadenwelse, Pimelodidae und der Dornwelse, Doradidae zuzuordnen.Genau weiß man es nicht, man nimmt aber an, dass sich die großen Flußräuber in den Nähe der Laichplätze der Beutefische ebenfalls vermehren. Ihre Jungfische würden mit der Brut der Beutefische aufwachsen und sozusagen im Futter schwimmen. Die erwachsenen Tiere wandern, den später in großen Schwärmen abziehenden Salmlern folgend, ab. Bis heute jedoch kann über das genaue Brutgebiet und das Fortpflanzungsverhalten der meisten dieser großen Welse nur spekuliert werden. Niemand kennt die genauen Laichplätze dieser Kolosse oder hätte sie jemals beim Laichen beobachtet. Andere räuberische Welsarten leben im Gegensatz dazu offensichtlich verhältnismäßig standorttreu und beteiligen sich nur partiell an den jährlichen Fischwanderungen. Bei ihnen ziehen die Fische allerdings während ihrer Wanderungen durch und diese Welse machen reiche Beute. Es sind dies durchweg Arten die vorwiegend als Lauerjäger ihre Beute machen und gut getarnt stundenlang regungslos auf dem Bodengrund liegen bis sich ein argloses Fischchen in ihre Nähe wagt. Fast alle großen Welse sind in Südamerika wirtschaftlich von großer Bedeutung. Mehrere Arten werden in Zucht- und Maststationen gezüchtet und zu verkaufsreifer Größe herangemästet. Da viele dieser Räuber schnell heranwachsen, die Jugendlichen aber einen starken Hang zu Kannibalismus haben versuchen die Fischzüchter durch gezielte Kreuzungen Fische zu erzeugen, die ebenso groß werden und auch so schnell wachsen wie die beliebten Räuber aber beim Heranwachsen nicht jene kannibalischen Verhaltensweisen an den Tag legen. So wird in Venezuela beispielsweise eine Kreuzung der verhältnismäßig klein bleibenden Art Pimelodus blochii und dem sehr beliebten, über 1m Endlänge erreichenden Tigerspatelwels, Pseudoplatystoma fasciatum auf dem Markt gebracht.

Pimelodus pictus Jaguardornwels, Liasomadoras oncinus Jungtier von Brachyplatystoma juruense Die Dourada, B. flavicans hat Beute gemacht Die Coroatá, Platynematichthys notatus ist ein wendiger und schneller Räuber "Monstergesicht", Tocantinsia depressa Pseudopimelodus fowleri von Rio Sao Francisco im Brasilien ist ein Aggressiver und gefräßiger Räuber. Er erreicht eine Länge von etwa 60 cm

    Viele Fischer am Amazonas und den anderen südamerikanischen Strömen haben sich auf den Fang der gewaltigen Raubwelse spezialisiert. Die Arten der wirtschaftlich wichtigsten Gattungen Brachyplatystoma, Pseudoplatystoma, Paulicea oder Phractocephalus werden wegen ihres delikaten, festen und grätenlosen Fleisches sehr geschätzt und erzielen auf den Fischmärkten in Manaus, Porto Velho und Belém die höchsten Preise. Viele Exemplare gehen aber auch in den Export in die Nachbarstaaten und sogar nach Übersee. Interessanterweise ist der Verzehr ihres Fleisches in einigen Gegenden des Amazonasgebietes seit Alters her zumindest zeitweise im Jahr mit einem Tabu belegt. Dann gilt das Fleisch dieser Fische als „remoso“, was soviel bedeutet wie gesundheitsschädlich oder unheilbringend und wird von den Fischern verschmäht. In Venezuela wird beispielsweise von der Landbevölkerung behauptet, das an sich delikate Fleisch des Panzerkopf- oder Rotflossenfadenwelses (Phractocephalus hemiopterus) bringe den Tod würde es von einer Frau während ihrer Periode verzehrt. Einige Arten dieser begehrten Welse sind wahre Giganten und erreichen Endlängen von weit über 2m. Sie können dann über 250 kg wiegen.

Der Pirararawels, Phractocephalus hemiliopterus kann kapitale Größen erreichen

    Dies sollte man sich unbedingt vergegenwärtigen, wenn man sich mit dem Gedanken trägt Großwelse im Aquarium zu pflegen. Vor der Auswahl der Fische lohnen sich schon ein paar Gedanken ob man wirklich die Möglichkeit hat diese interessanten und bizarren Fische dauerhaft pflegen zu können. Zwar erreichen längst nicht alle Arten solch gigantische Größen doch brauchen die meisten der hier vorgestellten Welse langfristig richtige „Badewannenaquarien“ von etwa 2m Kantenlänge, manche aber auch eher Becken von den Ausmaßen eines Swimmingpools. Man muß sich schon die Frage stellen: Was passiert später mit meinen Tieren wenn sie dem Babyalter entwachsen sind? Allenfalls Jungtiere mancher Welse lassen in Aquarien normalen Ausmaßes pflegen. Dies will vor der Anschaffung bedacht sein denn diese Arten wachsen in Regel schnell heran.

    Wichtig ist auch die Futterfrage. Ich füttere meine Tiere nur ausnahmsweise und besonders während der Eingewöhnung mit lebenden Fischen wie Plötzen, Karauschen oder Rotfedern. Dies birgt neben der ethischen Fragestellung nämlich auch immer die Gefahr der Einschleppung von Krankheitskeimen. Leider nehmen einzelne Exemplare auch später nur lebende Nahrung an. Mein Hauptfutter besteht ansonsten aus aufgetauten und vitaminisierten Stinten oder Weißfischen. Die Stinte kann man über den Aquarienfachhandel beziehen während ich die Weißfische von befreundeten Anglern bekomme. Manchmal, namentlich im Winter wenn ich schlecht an größere Weißfische herankomme verfüttere ich auch zerschnittenes Seelachsfilet und dergleichen. Kleinere Welse und besonders die stöbernden Arten füttere ich auch gerne mit Regenwürmern, Fliegenmagen, Mehlwürmern oder Forellenpellets. Eingewöhnte Tiere können wahre Massen an Futter verschlingen. So kann die Beschaffung von Futter unter Umständen auf Dauer eine recht kostspielige Angelegenheit werden.

Lophiosilurus alexandri (Rio Sao Francisco, Brasilien) kann sehr große Beutetiere verschlingen und wird fast 80 cm groß Merodontodus tigrinus, Portrait  

     Bis dahin ist es oft ein langer Weg. Viele dieser Welse gehen nämlich anfangs gar nicht an das dargereichte Futter. Die sensiblen Tiere sind durch die  Zwischenhaltung bei den Fängern und den Exporteuren vor Ort, dem langen Transportweg wobei sie oft lange hungern und die vielen Stationen vom Importeur bis in unsere Aquarien derart eingeschüchtert und gestresst, dass es oft Probleme bereitet die Tiere zur Nahrungsaufnahme zu bewegen. Besonders große Exemplare sind in dieser Beziehung oft heikel. Manche Exemplare fressen auch nie mehr und verhungern nach und nach. Geduld und Fingerspitzengefühl ist also bei der Eingewöhnung dieser Fische gefragt. Hans Köpke, der ehemalige Leiter des Schauaquariums von Valencia in Venezuela erzählte mir von einem großen Tigerspatelwels, Pseudoplatystoma fasciatum, welcher unter seiner Obhut erst nach etwa neun Monaten Haltung begann Futter anzunehmen. Von diesem Zeitpunkt an erholte sich das bereits stark abgemagerte Tier zusehens und bereitete keine Probleme mehr. Ein anderer Raubwels, ein großes Exemplar des ebenfalls gestreiften Brachyplatystoma juruense hingegen verendete nach etwa zehn Monaten ohne Nahrung aufgenommen zu haben. Mit Nahrungsverweigerung reagieren manche Tiere auch auf plötzliche Stresssituationen im Aquarium. So fraß ein von mir gepflegtes Exemplar der Dourada, Brachyplatystoma flavicans über zwei Monate nichts mehr, nachdem ich dem Tier einen weiteren, etwas stärkeren Wels hinzugesellt hatte.

    Besonders während der Eingewöhnungsperiode sind Großwelse oft anfällig gegenüber Schleimhautläsionen und Krankheiten die durch einzellige Hautparasiten wie Oodinium usw. verursacht werden. Man muß die Tiere in dieser Zeit ständig beobachten um rechtzeitig eingreifen zu können. Einige dieser Welse neigen in dieser Phase auch zur Schreckhaftigkeit. In zu kleinen Aquarien stoßen sich die Tiere dann ihre empfindliche Schnauzenspitze an den Seitenscheiben blutig. Dies gilt insbesondere für alle Arten der Gattung Brachyplatystoma. Auch später können Erschütterungen oder manchmal sogar allzu hastige ungewohnte Bewegungen die selbe Panik hervorrufen. Besuchern und besonders Kindern sollte man dies unbedingt sagen. Auch reagieren manche dieser Fische auf Stress beim Transport oder beim Fangen so extrem, dass sie einen regelrechten Kreislaufzusammenbruch mit Herzstillstand bekommen können. Besonders die Art Goslinia platynema ist hierfür bekannt. Man muß also beim Fangen und Transportieren dieser Fische auf eine möglichst schonende Behandlung achten.

    Die Aggressivität mancher Arten ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Einige sind territorial, verteidigen Reviere und werden so für schwächere Mitbewohner zur Bedrohung. Andere werden nachts aktiv und sind dann ruhelos im Aquarium unterwegs. Dadurch setzen sie tagaktive Mitbewohner stark unter Stress und Verluste bleiben langfristig nicht aus. In jedem Fall müssen die Mitbewohner die Größe haben in der sie als Beute für die Raubwelse nicht mehr in Betracht kommen. Ich pflege meine großen Exemplare gemeinsam mit ausgewachsenen Scheibensalmlern und größeren Raubsalmlern. Auch diverse Großcichliden sind robust genug um in einem Becken mit Großwelsen bestehen zu können. Dabei ist eine schwache Nachtbeleuchtung von Vorteil. Hierdurch wird gewährleistet das die Welse ihre Mitbewohner nachts nicht zu sehr beunruhigen. Nur bei eingewöhnten Tieren ist eine Vergesellschaftung mit anderen Arten zu empfehlen. Neuankömmlinge dieser anfangs oft scheuen Tiere bekommen bei Gesellschaft von flinken Arten oft kein Futter ab und kümmern.

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