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Den klassischen Typus des getarnt und bewegungslos lauernden Raubfisches stellen die Arten der Gattung Pseudopimelodus  BLEEKER, 1858 dar. Es handelt sich um massige und gedrungene, mehr breitere als hohe Grundfische mittlerer Größe mit einem gewaltigen Kopf und relativ kurzen Barteln. Sie haben ein vergleichsweise riesenhaftes uns dehnbares Maul mit dem die Tiere in der Lage sind Fische fast der eigenen Körpergröße zu verschlingen. Zu den größten Arten der Gattung zählen Pseudopimelodus fowleri (HASEMAN, 1911) vom Rio Sao Francisco in Brasilien und Pseudopimelodus apurensis MEES, 1978 aus Venezuela von denen letztgenannte Art gut 60 cm Länge erreichen kann. Diese plumpen Räuber werden am Rio Apure und dessen Nebenflüssen Tongo genannt und aufgrund ihres Fettgehaltes und des tranigen Geschmackes niemals gegessen. P. apurensis bevorzugt strömungsreiche, flache Flussabschnitte mit Geröll- und Felsgrund. Hier liegen die Tiere regungslos am Grund und lauern auf vorbeischwimmende Fische. Die so träge wirkenden Räuber reagieren blitzschnell wenn ein potentieller Beutefisch ins Blickfeld gerät. Durch das Aufreißen ihres riesigen Maules erzeugen sie einen Unterdruck und die Opfer wird regelrecht eingesogen und dann verschlungen. Pseudopimelodus raninus (CUVIER & VALENCIENNES, 1840) ist die Typusart der Gattung und bleibt mit maximal 15 cm Länge erheblich kleiner als die beiden erstgenannten Arten. Sie hat ein sehr großes Verbreitungsgebiet im nördlichen und zentralen Südamerika. Von ihr sind mehrere Unterarten bekannt. Im Aquarium verhalten sich diese Räuber genau wie ihre großen Verwandten in der Natur. Ihre Eingewöhnung  gelingt in der Regel problemlos.

    Ein noch stärker spezialisierter Lauerräuber ist der Südamerikanische Großmaulwels, Lophiosilurus alexandri STEINDACHNER, 1876 vom Rio Sao Francisco in Brasilien. Eng verwandt mit Pseudopimelodus erinnern diese flachen und breiten Fische mit dem massigen Kopf und dem riesigen breiten Maul vom Habitus ein wenig an die aquaristisch schon länger bekannten Arten der Gattung Chaca (Fam. Chacidae) aus Südostasien. L. alexandri wird allerdings wesentlich größer denn es wurden schon Tiere von über 70 cm Länge gefangen. In ihrer Heimat bewohnt die Art Biotope mit Sand- oder Schlammgrund. In diesen graben sich die Raubwelse durch flatterde Bewegungen der Brust-, Bauch- und Schwanzflossen sekundenschnell ein so dass nur noch die Augen und die breite Maulspalte zu erkennen sind. Manchmal wird dabei das Maul aufgerissen um zu verhindern dass der Körper dabei vorangetrieben wird. So verborgen warten die Tiere mit wachsamen Augen auf sich nähernde Beute. Blitzschnell schlägt der Räuber dann wie bei den Pseudopimelodus-Arten beschrieben zu. Vergleichsweise riesige Fische können von diesen Lauerjägern so erbeutet werden. Eingewöhnte L. alexandri und Pseudopimelodus lassen sich gern mit der Hand füttern. Zum Wohlbefinden brauchen die Südamerikanischen Großmaulwelse unbedingt größere Aquarien mit feinem Sand als Bodengrund.

Pseudopimelodus fowleri von Rio Sao Francisco im Brasilien ist ein Aggressiver und gefräßiger Räuber. Er erreicht eine Länge von eztwa 60 cm Pseudopimelodus apurensis aus den Rio Orituco (Einzugsgebiet des Rio Guarico), Venezuela kann über einen halben Meter groß werden Pseudopimelodus raninus zählt zu den kleinen Vertretern der Gattung Lophiosilurus alexandri beim Eingraben

    Weitere räuberische Großwelse kommen in erster Linie aus der Familie der Dornwelse (Doradidae). Besonders der Schwarze Dornwels, Pseudodoras niger (VALENCIENNES, 1821 in Humboldt & Valenciennes) als größte Art des Verwandtschaftskreises ist ein wahrer Koloss. Die Art wird am Amazonas Cuiu-Cuiu genannt. Aber auch die Bacu Comum, Pterodoras granulosus (VALENCIENNES, 1821 in Humboldt & Valenciennes) und Pterodoras lentiginosus (EIGENMANN, 1917) sind hier zu nennen. Beide erreichen ausgewachsen weit über 1m Länge und weit mehr als 10 kg Gewicht. Der sogenannte Bacu Pedra, Lithodoras dorsalis (VALENCIENNES, 1840) und Bacu Rebeca, Megalodoras irwini EIGENMANN, 1925 erreichen mit etwa 90 cm bzw. 70 cm Länge kapitale Größen. Diese großen Dornwelse sind durchweg nachtaktive Fische die dann rastlos den Flussgrund absuchen und alles vertilgen was sie bewältigen können. In Venezuela werden diese köstlichen Speisefische allesamt respektvoll Sierra, die Säge genannt. Die Fischer fürchten diese großen Fische wenn sie beim Fang mit ihren spitzen Knochenplatten auf den Körperseiten und auf dem Schwanzstiel um sich schlagen. Schwere Verletzungen können die Folge sein und die Fischer gehen sehr vorsichtig mit diesen Arten um. Die Knochenplatten werden von ihnen daher in der Regel sofort nach dem Fang entfernt. Im Aquarium brauchen die großen Dornwelse viel Platz und geräumige bodennahe Unterstände. Hier halten sie sich tagsüber verborgen. Nur zur Fütterung lassen sich eingewöhnte Tiere kurz sehen. Nachts durchsuchen sie das Aquarium tastend nach Fressbarem. Daher darf der Bodengrund keinesfalls aus scharfkantigem Material bestehen. In der Eingewöhnungsphase soll man sie möglichst für sich halten damit sie auch Futter abbekommen denn sie schlafen viel fester als beispielsweise die Arten der Fadenwelse mit denen man sie an sich gut vergesellschaften kann.

Pseudodoras niger Pterodoras lentiginosus (Laeticia, Kolumbien)   (Foto: Fritz Meyer)

    Bisweilen gelangen auch einzelne Arten der Familie Ageneiosidae zu uns. Über diese Fische von denen sich zumindest einzelne Arten über eine innere Befruchtung vermehren sollen ist bis heute noch sehr wenig bekannt. Die von mir gepflegte Ageneiosus-Art, deren wissenschftlichen Namen ich nicht herausfinden konnte und die ich hier als Ageneiosus sp., bezeichne, war anfangs sehr zögerlich in der Futterannahme. Später gab sich dies und die anfangs rein nachaktiven und dann sehr schwimmfreudigen Welse wurde zunehmend auch tagsüber aktiv. Gefressen wurde Stinte, Regenwürmer und Fischfleisch. Alle Ageneiosus sind ziemlich  langgestreckte Räuber mit flachem Kopf und einem breitem zahnbewährtem Maul. Die Augen sitzen seitlich des Kopfes. Die meisten Arten der Gattung werden nicht mehr als etwa 40 cm groß und auch Ageneiosus sp. scheint darüber nicht hinweg zu wachsen. Besonders schön wird Ageneiosus brevifilis VALENCIENNES, 1840 (In Cuvier & Valenciennes) die mein Freund Thomas Große am Oberlauf des Rio Cuyuni im Osten Venezuelas fangen und fotografieren konnte. Die ausgewachsenen, etwa 40 cm langen Welse besitzen eine dunkle, ja fast schwarze Körpergrundfarbe. Die Schwanzflosse ist hinten mit einem breiten knallroten Saum geschmückt. Leider sind diese Tiere noch nie lebend nach Europa importiert worden. Da Ageneiosus nachts viel schwimmen, brauchen diese Arten ein möglichst langgestrecktes Aquarium mit viel freiem Schwimmraum.

Dieser Delfinwels, Ageneiosus sp. aus Peru ist ein großer Räuber Im Portrait ist die riesige Maulspalte mit den vielen Zähnen von Ageneiosus sp. gut zu erkennen Im Portrait ist die riesige Maulspalte mit den vielen Zähnen von Ageneiosus sp. gut zu erkennen Ein schlanker Delfinwels aus Peru Ageneiosus sp. Portrait von Ageneiosus sp. Ageneiosus brevifilis aus dem Rio Caspin (Einzugsgebiet des Rio Cuyuni) in Venezuela   (Foto: Thomas Große) Tocantinsia depressa, ist ein gefräßiger nachtaktiver Räuber Die kräftigen Kiefer von Tocantinsia depressa sind stark bezahnt "Monstergesicht", Tocantinsia depressa

    Auch die Familie Auchenpteridae, die überwiegend aus kleinbleibenden Arten besteht, wartete vor kurzem mit einer Überraschung auf. So ist Anfang des Jahres 2000 Tocantinsia depressa MEES, 1974 vom Rio Tocantins in Zentralbrasilien zu uns gekommen. Vermutete der Erstbeschreiber noch, dass es sich um eine kleinbleibende Art handele wissen wir heute daß diese Welse mindestens 35 cm groß werden. Die Tocantins-Großmaulwelse besitzen einen äußerst kraftvollen seitlich kaum zusammengedrückten Körper mit einem besonders breiten massigen Kopf. Das riesige endständige Maul hat gewaltige und kräftige Kiefer, die mit hunderten kleiner spitzer, nach hinten stehender Zähne besetzt sind. Die Barteln sind kräftig und kurz. Die Schwanzflosse ist eingebuchtet. T. depressa führt eine nächtliche, ausgeprägt räuberische Lebensweise und hält sich tagsüber in Unterständen verborgen. Nachs sind die Tiere unterwegs um Beute aufzuspüren. Diese kann vergleichsweise groß sein. Die Tocantins-Großmaulwelse ließen sich problemlos eingewöhnen und gingen nach verhältnismäßig kurzer Zeit ans Futter. Mittlerweile lassen sie sich von mir aus der Hand füttern.

    Zum Schluß ist anzumerken, dass eine ganze Reihe parasitär lebender kleinerer Fische ohne jene großen Welse Amazoniens sind nicht leben könnten. Besonders jene kleinen Welse der Familie Trichomycteridae, die auch als Harnröhrenwelse bekannt und gefürchtet sind haben sich auf diese Großwelse spezialisiert. Sie leben von den Giganten der Gattungen Brachyplatystoma, Paulicea oder Phractocephalus ernähren indem sie in deren Kiemenhöhlen schwimmen, sich an dort festbeißen und sich vom Gewebe der Kiemen und Blut ernähren. Manchmal verwechseln sie die Harnröhre eines im Wasser urinierenden Warmblüters mit der Kiemenhöhle eines Großwelses. Dabei folgen sie instinktiv der Strömung von der sie annehmen es sei das Atemwasser eines jener Kolosse. Noch unangenehmer schmarotzen aber verschiedene Arten der Familie Cetopsidae an den Räubern der großen Ströme. Sie werden am Amazonas Candirú genannt. Besonders die Arten der Gattung Cetopsis AGASSIZ, 1829 und Hemicetopsis BLEEKER, 1862 lauern in der Nähe von Stromschnellen am Grunde. Nähert sich einer der großen Welse wird er von den maximal 25 cm großen Parasiten angefallen. Diese beißen sich mit ihren spitzen und scharfen Zähnen an seinen Flanken fest und beginnen sofort sich durch das Muskelfleisch in die Bauchhöhle des Opfers zu fressen. Dort ernähren sich diese Fische von den Eingeweiden des noch lebenden Opfers das früher oder später daran verstirbt. Sie höhlen es bei lebendigem Leibe aus.

    Man sieht also, dass selbst die vermeintlichen Könige der Flüsse Amazoniens noch Opfer von Tieren werden die normalerweise von ihnen gefressen würden. Ihre Anpassung macht diese kleinen Tiere jedoch nach dem Menschen zum zweitgrößte Feind dieser Riesen vom Amazonas. Das komplexe und hochempfindliche Ökosystem Amazonien ist durch vielerlei Faktoren gefährdet. Für die Großfische ist vor allem Überfischung und der Zerstörung vieler Biotope durch den Menschen eine Gefahr. Die vergleichsweise wenigen Tiere die für die Aquaristik gefangen werden würden eine Population nie gefährden. Im Interesse der Tiere aber sollten wir, bevor wir an die Anschaffung der einen oder anderen Art dieser herrlichen und faszinierenden Großwelse Südamerikas denken, uns eine Frage ernsthaft stellen: Können wir diese Tiere wirklich auch so halten wie es ihren Bedürfnissen entspricht? 

Plectrochilus erythrurus zählt zu den parasitär lebenden Trichomycteriden Hemicetopsis sp. Olzelotwels, Aguarunichthys torosus

     Mein Dank gilt allen meinen Freunden die mich mit wertvollen Informationen über diese Fische versorgt haben, insbesondere Hans-Georg Evers / Hamburg, Thomas Große/ Potsdam, Hans Köpke / Venezuela und Ingo Seidel / Ganderkesee. Ebenso danke ich den Firmen „Aquarium Glaser“ in Rodgau, „Aquarium Schönhauser Allee“ in Berlin, „Aquatarium“ in Garbsen bei Hannover, „Das Aquarium“ in Braunschweig, „Marx Aquaristik“ in Butzbach-Münster und „Mimbon Aquarium“in Köln denen ich die hier gezeigten Welse verdanke.

 

LITERATUR:

Arendt, K. (2000): Ein neuer Raubwels vom Rio Tocantins, Tocantinsia depressa MEES, 1974. –Aquaristik Fachmagazin, 152: 17-18

Barthem, R. & M. Goulding (1997): The Catfish Connection. Ecology, Migration, and conservation of Amazon predators. –Columbia Univ.Press, New York: 144 pp. 

Franke, H.-J. (1985): Handbuch der Welskunde. –Urania Verlag Leipzig und Landbuch Verlag Hannover: 335 pp.

Goulding M. (1981): Man and fisheries on an Amazon frontier. –Dr. W.Junk Publishers, The Hague-Boston-London: 137 pp. 

Kobayagawa, M. (1992): Faszination Welse. 2. Aufl. –Bede Verlag, Kollnburg

Mago-Leccia, F. (1970): Catalogo de las especies de peces de los Llanos de Venezuela incluyendo los nombres vernaculos mas comunes. –Soc.Venez.Cienc.Nat.: 252-259 

Pinna, M.C.C. de (1998): Phylogenetic relationships of neotropical Siluriformes (Teleostei: Ostariophysi): Hisiorical Overview and Synthesis of Hypotheses: pp. 279-330 in: Malabarba L.R. et al. Phylogeny and Classificatio of Neotropical fishes. –EDIPUCRS, Porto Alegre: 603 pp. 

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